IDM Seesegeln 2021 Olpenitz – Holzklasse

Das kleine Dorf…

Asterix und Obelix hauen gelegentlich mal aus ihrem kuscheligen gallischen Dorf ab und gucken sich die Welt da draußen an, erleben was. Das gibt’s auch in L.A.  beim Segeln. Obelix auf Tour…😉.

Mehr Spielkameraden finden

Team Sophus hat dieses Jahr jedenfalls einen netten 25-30 Knoten Trip nach Aarhus hinter sich gebracht, um am X-Yachts Gold Cup teilzunehmen und dort in der Sports Class gegen X-322, X-33Sport, X-362 und X-37 anzutreten. Mit höllisch viel Spaß, vor allem mit unseren neuen Sparrings-Buddies von der Quattro (die Doppel-Duplos), die für uns immer schön die Latte hoch hängen. Im Herbst dann mal die IDM Olpenitz mitnehmen war schon früh in der Saison irgendwie klar, lebt doch die halbe Crew mit Dusche, Grillstation und Kühlschrank in Schlagdistanz.

Olposibirsk

Olposibirsk hat uns als Hafenanlage zwar nicht wirklich umgehauen, bot aber doch Vorteile. Nach der Mittwochabendregatta kurz drei dicke Bockwürste und 1-2 Bierchen einpacken, unser pinkes bubble-Tuch hoch und im Dusteren fix nach Kalkgrundt rauschen, Blinker rechts und zack ist man schon da; im Castrop-Rauxel der Ostsee-Ferienindustrie. Die 2 Tage vor der IDM waren wettermäßig echt nicht nett angekündigt, deswegen wollten wir da schon mal gut und sicher liegen. Ganz so schlimm war es dann nicht. Aber mit den Leuten, die von Lübeck, Warnemünde oder Kiel hochkommen sollten, wollten wir auch nicht tauschen.

Sahne Wettfahrtleitung

Was wurde geboten? Das Race Comittee aus der Sahneschnitten-Division mal auf jeden Fall. Lange nicht mehr so eine saubere und gute Kommunikation auf einer Regatta erlebt, lange nicht mehr soviel Transparenz bei den Entscheidungen. Egal, ob sie uns gefielen oder nicht. (Meine letzte Kieler Woche ist wirklich lange her).

Sandkiste voll

Irgendwie wirkte das ganze trotzdem etwas gepimped, denn nicht jeder, der gemeldet war, kam dann auch und am Wetter allein wird das nicht gelegen haben. Egal: Unsere Lieblingsspielkameraden waren wieder dabei, die Quattro Jungs. Diesmal hatten Sie auf einmal Pinnen-Viagra dabei. Martin Menzner wollte auch mal „4-Rad-Wohnwagen“ fahren. Die Aussicht vom gefühlt 356-fachen Deutschen Meister in der J-80 auf dem Wasser vorgeführt zu werden, spornte uns irgendwann an.

Gute Stimmung aus sich heraus

Nach einem etwas müden Empfang am Freitag Abend entwickelte sich doch langsam etwas Stimmung auf der alten Dampferbrücke aus gefühlt Scharnhorst-Zeiten. Nicht zuletzt durch die Crew der Morning  Star (ein großer IOR Hobel aus meinen Kindheitstagen), die eine optimale Balance fand zwischen auf dem Wasser sein und gechilled den Abend unter Cockpit-Bimini bei guter Musik und diversen Getränken zu verbringen. Wir hatten den Vorteil der Regionalkenntnisse und hopften uns in der Kappelner Fährschänke auf, da sich on-shore in Olpenitz nur begrenzt etwas entwickelte.

Verhinderte Mittelstrecke

Der erste Tag war von dem frommen Wunsch des Race comittees beseelt, uns auf die Mittelstrecke über die westliche Ostsee zu treiben. Ein echtes Grenzerlebnis: Bei Tonne DW 1 fanden wir uns außerhalb der LTE-Reichweite im medialen Nirwana wieder. Das kann nicht gut gehen 😉 Ging auch nicht gut. Jeder hüpfte bei Sonne und Hitze von einem Windloch zum nächsten, alle warteten auf Andrea, die am Nachmittag im Norden den Windreher und den Bringer bescheren sollte. Die großen Boote steckten gefühlt den Kurs Richtung Lyö ab und fuhren weit dem erwarteten Dreher entgegen. Wir sackten ab, legten früh um und wurden schon ganz hibbelig, weil nicht nur die Duplos sich weit nach Norden verzogen hatten und nun wieder zurückmussten. Das ganze Feld der Superschlauen gammelte oben ab. Wir wurden wieder wacher und kühlten merklich ab, das Ziel irgendwie schon zum Greifen nah. Schmiddel schimmelte neben uns auf dem Wasser rum und wir trieben im Siegeswahn mit 1,9 Knoten voran gen Ziellinie. Der Interruptus kam über Kanal 71. Die Wettfahrt wurde abgebrochen. Doof für uns, aber vernünftig und fair. Wir kamen spät und alle rein. Die Wurst im beach club reichte nicht ganz. Der Spibaum musste auch noch beidseits einem intensiven engineering unterzogen werden.

Up-and downs

Nach kurzer Schlafpause ging es Sonntags wieder auf die Bahn. Gerade noch rechtzeitig kam die Ankündigung, eine Stulle mehr zu schmieren. Und uns war klar: Das wird lang heute. 3 Up-and downs mit Bahnschenkel irgendwas zwischen 1 und 1,2 sm standen auf dem Programm. Die erste mit 3 Rundungen. Danach verkürzte das RC für die kleinen Boote auf 2 Rundungen, um den nächsten Start schneller in Gang zu bringen. Klare Fehlplanung. Wir konnten nach unserem Zieldurchgang noch mit Morning star das halbe Whitbread Rennen 1987 in Retrospektive zu Ende gucken. Da ist irgendwie boatdesign-mäßig doch was passiert in den letzten 40 Jahren. Zeit für uns, nochmal das innere Chi zu finden. Wir nutzen die Pause schlecht und probierten an diesem Tag alles, was wir sonst erfolgreich außen vor lassen. Eine bräsige Tonnenberührung am Luvfass, weil der Strom doch stärker als unser Ruderwillen war. Macht nix. Passiert. Muss halt nicht nochmal passieren… . Jo. Gesagt getan: Nächste Wettfahrt war es wieder eng, wir mussten noch 2 schnelle tacks vorm Luvfass machen und vor dem 2. Tack war da -ganz blöd und natürlich völlig unvorhersehbar- Schmiddel mit Bad Boys wieder im Weg. Im Cockpit um die Pinne Kai, den ich Rüpel dann sehr unkommod aus der Steuerzone brachte, um die Pinne zu reißen. Schmiddel glitschte unbehelligt Steuerbord durch. Diese magnetische Luvtonne nicht. Zweite Tanzeinlage des Tages für uns und die Doppel-Duplos waren wieder wech. Naja. So jetzt ist gut! Nächst layline bidde mit mehr Sicherheit, nech?! Haben wir geschafft. Nächste Wettfahrt: Keine Tonnenberührung – Yeah! …Uns fiel was anderes ein: Frühstart. Genau im richtigen Moment, hatten wir doch Doppelduplo gerade am Pin-end abgestreift, genossen wir den Moment genaue 62 Sekunden, bis uns klar war, dass diese Tanzeinlage des zurück zur Startline flitzens deutlich länger dauert. Da wir nicht Kai Mares an Bord hatten, holten wir diesen Zeitfresser nicht einfach bis zum Luvfass auf, sondern realisierten den schönsten Streicher, den man sich denken konnte.

Mittelstrecke

Vierte Wettfahrt. Irgendwie gehört die Mittelstrecke zu einer Deutschen Meisterschaft dazu. Kohlenhydrate waren noch vorhanden. Unsere Local heroes an Bord wagten eine Stromprognose und ab ging es mit einer überschaubaren Startkreuz, downer und dann einer Umrundung des Sperrgebiets zwischen Olposibirsk und Waabs. Freie Entscheidung ob links rum oder rechtsrum. Wir fuhren rechtsrum, die anderen um uns leider auch. Isso. Weder runter noch raus, war der Winkel gut für Spinnaker. Also hungerten wir uns mit unserer kleinen Fock runter und wieder hoch. Wunderten uns, wie gut wir an dem blauen Heck von Quattro klebten. Zieldurchgang touristenfreundlich im Innenhafen von Olpenitz, aber im Dunkeln.

Aufbau-Phase

Der Montag: Zum briefing ging das Nutella und der Käseaufschnitt dem Ende entgegen. Kurze Panik. Mit den Resten ging es an Bord. Die Mittelstrecke mit einem schicken 4. Platz schaffte noch Motivation für den Morgen. Brauchten wir auch- Regen und Diesig. Der Tag war wieder eine Steigerung des ersten. Keine Tonnenberührung, keine 2. Tonnenberührung, kein Frühstart. Das ist mal ne Grundlage. Wir arbeiteten uns weiter nach vorne. Die Hecks von Quattro und Patent waren größer als gestern. Die Stimmung blendend. Gute Taktik, mittlerweile eine total eingegroovte Crew, die auf einmal auf einem völlig anderen level segelte, als mittwochabends. Und das ganze dann mit einem 4. Platz in der Gesamtwertung. Unser realistisches Ziel: Holzmedaille. Das die beiden Italias 9.98 für eine X-332 nicht zu knacken sind, war uns einigermaßen klar, vor allem angesichts der Bettenbelegung, die auf Immac Fram unterwegs war. Mit einer umgebastelten X-332, mit Genoa 3 leicht unterzuckert bei Welle und mäßigem Wind dann gegen eine Quattro anzustinken:  Die im bewährten Konzept mit G 1 und seit Ewigkeiten zusammen segelnder Crew plus Leistungssteigerung an der Pinne – auch ein netter Versuch. Aber keine Erwartung begründend.

Den 4. Platz nach Hause holen, war schon eine gute Nummer. Also letztes doping nach einer irgendwie mauen Tagessiegerehrung im weit verzweigten abendkühlen beach club: Kai schmeißt zu Hause den Grill an, wir verquasseln den ganzen Abend über Dinge, die uns die letzten drei Jahre nicht, aber jetzt aufgefallen sind. Müde bin ich Känguruh, eine letzte Nacht in einer Tropfsteinhöhle verbringen (nächstes Jahr kommt der Luftentfeuchter aus dem Winterlage abends mit an Bord). Der Dienstag empfing uns mit brauchbarem Wetter, wenig Wind und einer einzigen up-and down-Wettfahrt. Wieder hatten unsere local heroes die Wind und Stromprognosen gelesen, aber zunächst ihr eigenes Wissen ausgeschaltet.

Also der Plan. Engagierter Start rechts, gleich rechts raus und ab geht die Post. Die Realität: Geile Position rechts. Quattro und Windtechnik links von uns. Die werden schon rechtzeitig abfallen und speed aufnehmen. Werden sie bestimmt. Wart nochmal… Ne sieht doof aus. Links ist zu. Ist rechts noch Platz?  Jetzt noch, gleich nicht mehr. Heck vom Startschiff in 1 Bootslänge, die Fahrt geht aus dem Schiff. Noch weiter warten? Keine Chance. 

Also notgedrungen: nochmal routiniert rechtsrum die Pirouette drehen und in 2. Reihe starten. Das ganze natürlich etwas betulich, hatten wir doch echt flaue Winde. Gefühlt Stunden, effektiv sicher 4-5 Minuten brauchte ich, speed in die Karre zu kriegen. Das haben wir so gefeiert, dass wir erstmal weiter gefahren sind. Immac Fram einfach virtuell aus der Sicht ausblendend, die locker 2-3 Grand mehr Höhe und mehr speed drauf hatte. Der Blick nach rechts ließ aber Freude aufkommen. Weniger Wind und Strom aus der Schlei verschoben das Startfeld massiv. Quattro am Horizont – ein schöner Anblick. Wir kamen auf Touren, rundeten das Fass nicht weit hinter Patent. Quattro? Erstmal kein Thema. Auch die Rutsche runter ging super, ein Dreher, den wir schön sehen konnten brachte uns fix zum Gate in Lee. Wieder hoch, die 2. und letzte Kreuz. Auf Quattro noch mehr gut gemacht. Das fixed einen so an, dass die ganzen Sportboote um einen herum völlig an Bedeutung verlieren. Ins Ziel gingen wir Sekunden hinter Patent. In der Gruppe ORC 3 als Dritter. So wollen wir das ab jetzt häufiger haben.

Fazit

Und das Resümee? Auf der Förde nimmt die Zahl der engagierten Dickschiffsegler leider auch etwas ab, Es gibt außerhalb der Flensburger Förde und Sonderborg noch andere spannende Regatten mit anderen Leuten, anderen Herausforderungen. Manche sind gar nicht so weit. Ja, da fahren die Hotshots hin, für die Geld, neue Boote und Segel keine Rolle spielen. Aber sie bringen wenigstens viele nette Leute mit. Dafür gibt es in ORC 3 und 4 überwiegend normale Boote, normale Leute, normale Budgets und zumindest aktuell für jeden, der Club-racing auf engagiertem level segelt, auch eine soziale Ankommensgarantie. Ja, es kostet teilweise richtig Geld und ja, der Aufwand mit Logistik und Unterbringen etc. ist nicht ohne. Aber das Erlebnis lohnt sich. Die Sophus Crew ist jedenfalls angefixed. Kommt mal mit…

 

Fotos: Mit warmen Dank an Felix Diemer

2 Comments on “IDM Seesegeln 2021 Olpenitz – Holzklasse

  1. super schöner Bericht ! und das Fazit trifft es auf den Punkt !

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