Double Rundt: Seascape View

Bericht von Cord Hall, Seascape 27 aus Strande in der Yardstick – Partnerwertung (immer noch verheiratet)

Double Rundt die zweite (für mich), und doch war alles anders:

– Anderes Boot
– Anderer Co-Skipper
– Anderes Ziel

Vor zwei Jahren war ich mit Rasmus und seiner JPK10.10 noch in die Dyvig gesegelt, diesmal musste meine eigene Seascape 27 dran glauben, und auch meine Frau hat zugestimmt, unsere Ehe auf eine potentiell ernsthafte Probe zu stellen und den Co-Skipper zu geben.

Anreisetag war für mich bereits Donnerstag, um einer möglichen Liegeplatzknappheit zu entgehen. Nachdem das Sturmtief am Mittwoch durchgezogen war, ging es für mich am Donnerstagnachmittag auf den Weg nach Norden. Quasi gleichzeitig mit mir läuft Backe auf seinem Möbelstück aus und schlägt einen vergleichbaren Kurs ein.

Wind ist gut bis mehr als angesagt und ich bin ein wenig genervt, nicht doch die kleine Fock angeschlagen zu haben. Auf Höhe Damp fliegt mir dann auch noch der Jib-Inhauler weg, was meinen Wendewinkel von hier an negativ beeinflussen sollte. Zwischen Land und Sperrgebiet ging es weiter nach Norden, bis sich auf Höhe Falshöft Backe aus Lee näherte und mit besserem Winkel vorbeizog. Bis zum Ende der Sønderborg Bucht habe ich mich dann noch unter Segeln bewegt, dann wurde Jochens Angebot mit Bier auf dem Steg zu warten zu verlockend. Segel runter, Jockel an und straight nach LA. Viertel vor 23 Uhr fest, alles schon aufgeklart, also „zisch“…

Freitag Frühstück bei Jochen auf dem Boot, dann Boat-Office und nachmittags Check-In. Der Hafen wurde zwar voller und die bekannten Gesichter mehr, aber von trockenen Fußes über’s Wasser gehen waren wir noch weit entfernt. Irgendwann hatte Pantaenius dann auch den Bierpilz aufgebaut und ab da hatten wir alle einen lustigen Abend, den wir mit Essen im Fährhaus LA beendeten.

Samstag morgen – Skippersmeeting um 08:00. Das war schon immer so früh, aber irgendwie fühlte es sich nach kurz nach Mitternacht an. Vor dem Hafen hatte über Nacht jemand die Förde gegen einen Spiegel ausgetauscht. Mal sehen wo es hingehen soll. Nach Begrüßung und so weiter kam Stefan dann auf den Punkt und hat die mittlere Bahn angesagt. Der Spiegel vor dem Hafen ist immer noch da. Aber Start ist ja auch erst um 10:00, also mal ganz optimistisch alles angebaut und raus aus dem Hafen. Dank Remindern an allen Ecken des Bootes dann auch daran gedacht, den Kiel wieder runterzulassen…

Draussen bekommt der Spiegel erste Risse und es sieht aus, als sollte Stefans Optimismus belohnt werden. Pünktlich zum Vorstart setzt sich der Wind durch und sorgt für sehr gut segelbare Bedingungen.
Irgendwann hupt es (könnt ihr das nicht mal über Funk ankündigen?) und wir stellen den Timer auf den 4 Minuten Sync.
Uhr läuft, Fock ist draussen und ab zum recht deutlich bevorteilten Pinend – ziemlich voll da, also mal so ein Viertel weiter nach links, das geht auch gut. Dachte ich.

Den Start haben wir dann ein wenig verpennt und fahren erstmal mit freiem Wind nach links. Der Wind nimmt zu, die Richtung passt auch und Maschin’ läuft gut. Irritierend ist, dass es niemand sonst mit meiner Genialität aufnehmen kann und wir ganz alleine hier sind. Das hatte ich schon mal. Vor 10 Jahren bei der X-99 WM in Marstrand. Damals hatte die Wettfahrtleitung eine Ersatzbahnmarke ausgelegt, die wir nicht gesehen haben. Ein ungutes Gefühl macht sich breit und ich ziehe den Zettel mit der Kursbeschreibung raus. Fuck, dieser blöde gelbe Bubbel muss an Backbord bleiben. Steffi muss zum ersten Mal für den heutigen Tag meine schlechte Laune ertragen, den Zettel ereilt ein ähnliches Schicksal, wir wenden und reachen zum Bubble, den wir als vorletztes Boot passieren.

Danach geht es auf die 20 Meilen Kreuz, die Paradedisziplin der Seascape (not). Wir vermessen auf dem Weg gen Osten die Förde, sehen gelegentlich noch andere Boote aber haben irgendwie das Gefühl allein auf weiter Flur und überhaupt die Letzten zu sein. Ging aber vielen anderen wohl ähnlich, wie wir abends in Søby beim Essen erfahren sollten.

Bis auf den latzhosentragenden Fahrtensegler und seine Frau, die sich tierisch darüber aufregten, dass wir mit nur 1,5 Längen Abstand vor ihrem Bug passierten (mit Wegerecht wohlgemerkt) passierte bis kurz hinter Kalkgrund nichts Wesentliches. Immerhin hatten wir die Nano (die zweite Seascape 27 im Feld) bis dahin überholt und gingen auf die weitere Kreuz in Richtung des Warngebiets (seit wann gibt es das überhaupt? Ist mir noch nie aufgefallen).

Was dann kam, lässt sich mit jugendfreien Ausdrücken nicht angemessen beschreiben. Eine absolut nervige Hackwelle rollt in Fünfersets rein, stoppt das leichte Boot komplett und schickt das nächste Set just in dem Moment, wenn wieder ein bisschen Fahrt im Boot war. Wir finden absolut keinen Mode, in dem wir halbwegs vernünftig fahren und ich entscheide mich wider besseren Wissens für hoch und recht langsam.
Geht natürlich nicht, und zu allem Übel fährt die Nano dann auch noch unter uns durch. Die Laune sinkt auf dem Tiefpunkt und ich bin kurz davor nach Hause zu fahren.

Steffi bekommt gefühlt das zweite bis 312te Mal meine schlechte Laune ab. Es hilft aber nix, wir fahren weiter und immerhin fährt uns die Nano nicht mehr signifikant weg. An die Gesamtwertung habe ich zu diese, Zeitpunkt keinen Gedanken verschwendet, das war bei der Mischung aus Kurs, Boot und Gruppeneinteilung aussichtslos.

Dann endlich die Warngebietstonne. Abfallen und mal gucken was der Winkel macht. 80 Grad apparent. Zu spitz für die Gennaker und den Code Zero dürfen wir in Yardstick nicht nutzen.

Also erstmal mit Groß und Fock ein wenig reachen, bis knapp 10 Minuten später der Wind ein wenig raumt und auf der Nano der Fractional Kite hochgeht. Also den A4 angebaut und hoch damit. Es läuft gut, bis der Wind weiter raumt und auch noch abnimmt.
Eigentlich müssten wir auf den A2 wechseln, aber ich habe so gar keinen Bock auf das Getüddel. Die Nano spitzt deutlich an und fährt vierkant auf Aero zu. Haben die etwa keinen größeren Gennaker? Dann könnte man da ja doch noch vorbeikommen. Also A4 runter und A2 hoch. Eindeutig die richtige Entscheidung, es fährt jetzt schon viel besser.

Je weiter wir nach Norden kommen, umso leichter wird der Wind. Steffi geht auf’s Vorschiff, allerdings diesmal nicht wegen meiner schlechten Laune, sondern um Gewichtstrimm im Folkeboot-Style zu machen. Wir kommen langsam, aber im Vergleich mit allen anderen Booten um uns herum mit Lichtgeschwindigkeit voran und überholen kurz vor der Nordwestspitze von Aero die Nano. Mit ein wenig Restschwung kommen wir um die Ecke, nehmen den A2 weg und machen uns auf die letzten knapp 3 Meilen ins Ziel. Hinter uns macht sich wieder der Spiegel vom Morgen breit. Ein späterer Blick nach achtern bestätigt, dass wir hinter uns die Tür zugemacht haben und auf der anderen Seite gar kein Wind mehr war.
Mit dem letzten Hauch Wind und einigen Wenden erreichen wir das Ziel nach etwas über neuneinhalb Stunden.
Im Hafen finden wir dank 2,54m Breite eine Premiumbox und räumen kurz auf, bevor es zum Essen ins Zelt geht. Bei reichlich Grillgut und Beilagen hören wir uns an, wie es den anderen so ging. Die komische Welle fanden die meisten wohl nicht so gut, so viel war schnell klar. Einzige Ausnahme, die ich diesbezüglich getroffen habe, war Stefan. Der fand das gut.
Nach der Siegerehrung geht es dann gegen Mitternacht ins Bett, am Sonntag sitzen wir um 08:00 beim Frühstück und kurz nach 09:00 laufen wir zur „Rückregatta“ Richtung Strande aus. Es wird eine schnelle Reise und gegen 15:00 sind wir wieder zurück.

Was bleibt?

– Es war wieder eine fantastische Veranstaltung, mit einem tollen Team, zwei tollen Häfen und jeder Menge netter Teilnehmer.
– Meine Frau ist immer noch hier – scheint die richtige zu sein
– Weder unter Yardstick noch in ORC kann man mit der Seascape unter diesem Bedingungen etwas reißen – ich bin zwar bei weitem kein guter Segler, aber wo ich 2 Stunden hätte finden sollen um in Reichweite des Podiums zu kommen, wäre mir schleierhaft

und

– Wir kommen wieder – in zwei Jahren. Nächstes Jahr steht erstmal was anderes an…

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