Havlys in schwerer See rund Fünen

Tourensegler machen auch Sport. Wir haben von der diesjährigen Silver-Rudder Regatta um Fünen schon berichtet. Einige von uns sagten aus gutem Grund dieses Jahr ab.

Die Farben auf der Wetterkarte waren einfach zu ungewöhnlich… Einer von uns kam durch….das ist unser Jugendwart Ralf Kock mit seiner Havlys.

Er „finishte“ -wie SR-Teilnehmer das so schön sagen- als schnellstes Tourenboot in der Gruppe der Kleinen Boote.

Jetzt haben wir von Ralf einen für jeden Segler lesenswerten kurzen Bericht über das Sturmwochenende bekommen und was er alleine da draussen erlebt hat.

Dazu ein Video von Phasen, wo er filmen konnte. Seine übergelaufenen Schwalbennester sind gut zu erkennen; wer keine Rockmusik mag, dreht die Lautstärke einfach runter 😉

Video  

 

 

Silverrudder 2018-Bericht von Ralf:

 

 

Silverrudder 2018 auf HavLys

Mehr als ein Jahr warten hieß es für mich, um endlich mal beim Silverrudder mitsegeln zu können.

Hatte ich doch beim letzten Mal noch zuschauen müssen, weil ich bei der Anmeldung im Jahr 2016 nur um einige Stunden zu spät kam.

Doch für dieses Mal hatte ich letztes Jahr zum Stichtag quasi mit der Stoppuhr in der Hand vor dem Rechner gesessen und auf das Öffnen des Anmeldeservers gewartet. Nach ca. einer Stunde waren schon 450 Teilnehmer gemeldet, keine Meldungen wurden mehr angenommen und ich war dabei.

Und nun sollte es also tatsächlich losgehen. Endlich. Unter völlig anderen Vorzeichen, als bei der Flautenregatta des letzten Jahres. Sehr frühzeitig war klar, dass es diesmal Wind geben würde. Viel Wind…

Mir kam das erstmal sehr entgegen. Nach der Flautenregatta beim diesjährigen Rund-Skagen-Race würde das, neben dem Regattaspaß, gleichzeitg ein willkommener Test für mich sein, um vor der großen Fahrt auf den Atlantik im nächsten Jahr die Schwerwettertauglichkeit meiner „HavLys“ auf Herz und Nieren zu prüfen.

 

Bei meiner Ankunft in Svendborg am Mittwochabend wurde schnell klar, dass viele der gemeldeten Teilnehmer wegen der gruseligen Wetteraussichten erst gar nicht anreisen würden. Am Ende hatten sich ungefähr 200 Boote in Svendborg eingefunden.

 

Der Donnerstag war dann geprägt von Vorbereitungen und gespanntem Warten auf das für 17 Uhr angesetzte Briefing. Würden wir überhaupt starten? Inzwischen machten Gerüchte von einer Startverschiebung oder sogar einer Absage der ganzen Veranstaltung die Runde. Im Hafen herrschte angespannte Fahrerlager-Atmosphäre pur. Überall wurden Starkwindsegel aufgezogen, Reffs vorbereitet und gecheckt oder sonst am Boot gebastelt.

Die verschiedenen Wettermeldungen verhießen aber wirklich nichts gutes. Irgendwie wurden die Aussichten immer bedrohlicher. Zum Teil war für Freitag von Orkanböen die Rede… Puuha, das wäre wohl tatsächlich etwas zu viel des Guten.

Überall gab es nur ein beherrschendes Thema: WIND, STURM!!!

Überall nachdenkliche Gesichter. Wenn das Race stattfindet, soll ICH dann starten? Diese Frage hat sich bestimmt jeder der anwesenden Skipper gestellt.

Auch ich. Obwohl ich mich eigentlich auf viel Wind gefreut hatte und mich gut auf schweres Wetter vorbereitet fühlte, war da doch eine gehörige Portion Respekt vor den Elementen mit im Spiel. Und wie würde es nachts sein, wenn neben Starkwind oder Sturm und übler See auch noch die Müdigkeit hinzukommt? So schwankte also auch meine Stimmungslage irgendwo zwischen Vorfreude über gehörigem Respekt bis manchmal auch hin zu leichtem Schiss…

 

Dann das Briefing: Startverschiebung auf Samstag. Alles weitere Freitag 17 Uhr.

Inzwischen war für mich die Entscheidung klar: Ich würde es auf jeden Fall angehen. No matter what…

Motto: Ich weiß, dass ich das kann (!) und wenn’s dennoch zu hart kommt, kann ich immer noch abbrechen und irgendwo Schutz suchen. Immerhin gibt es unterwegs jede Menge Möglichkeiten, in Luv Landschutz zu finden.

 

 

 

Der Freitag war dann weiter spannend. Das angekündigte schwere Wetter blieb erstmal aus. Es gab stärkere Böen, ja. Aber nichts, was man auch nur als stürmisch bezeichnen könnte.

Oder gaukelte der geschützte Hafen von Svendborg nur segelbare Bedingungen vor? Hmm… Die Wettermodelle für den kommenden Tag wichen zum Teil stark voneinander ab. Mittelwind von 20 Kn mit Böen bis 30 kn hier, 30 bis zu 40 Knoten dort. Dazu ständig Neuerungen. Als Windy zunehmend Entwarnung gab, wurde es bei Windfinder plötzlich wieder härter.

 

Beim erneuten Briefing am Freitag um 17 Uhr dann die wichtige Entscheidung:

Im Uhrzeigersinn segeln und Fünen an Steuerbord lassen.

Die kräftezehrende Kreuz würde also gleich zum Anfang, wenn wir alle noch frisch sind, anstehen. Die tiefen Kurse im Norden von Fünen zur Nachtzeit standen natürlich noch im Raum. Bei stürmischen Bedingungen wäre sicher vor Fynshoved eine beachtliche, wenn nicht sogar gefährliche, See zu erwarten. Nachts. Von achtern. Daher wäre dann am Ausgang des kleinen Belt ggf. nochmal über eine Weiterfahrt nachzudenken.

Aber erstmal schien mir ein Start gut machbar zu sein.

 

Die WetterApps schienen sich auf Windstärke 5 bis 6 Bft für Samstag einzuschießen. Verschiedentlich wurden Segel wieder umgeriggt. Die Genuas wieder hervorgeholt. Auch ich baute mein Kutterstag wieder zurück und wollte das Rennen mit Genua 2 und Groß im 2. Reff angehen. Das funktioniert bei maximaler Vorspannung im Vorliek bis 35 Knoten recht gut, wie ich schon öfter getestet hatte. Underpowert in einem Rennen zu segeln, taugt auch nicht viel…

Am späten Abend, die Flotte lag inzwischen komplett in der Koje, fielen dann plötzlich richtig giftige Böen über uns her. Zum Glück hatten wir unser Päckchen gut vertäut. Aber HavLys legte sich in diesem geschützen Hafen zum Teil mächtig auf die Seite. Schönen Dank auch für diesen Gute-Nacht-Gruß von oben(!), jetzt war das Gedankenkarussel gleich wieder auf 180. Doch lieber wieder auf die Kutterfock wechseln?

Samstagmorgen um fünf bin ich dann aus der Koje, schnell noch was zum Essen vorbereiten, ein kleines Frühstück und: Die Kutterfock wieder anschlagen. Ich hatte mich nachts entschieden, doch lieber gute Seemannschaft vor Perfomance zu setzen. Ein weiser Entschluss, wie sich später noch zeigen sollte. Aber erstmal kam ich mir dabei doch etwas seltsam vor. Die Morgensonne schien und das Wasser im Hafen war spiegelglatt.

Dann verging die Zeit plötzlich wie im Flug und um 8 Uhr hieß es ablegen, um rechtzeitg zu meinem Start um 08:45 fertig zu sein. Im Hafen herrschte ein totales Whooling. Gefühlt die halbe Flotte machte sich auf den Weg. Deswegen entschied ich, erstmal nur das Groß (im ersten Reff) zu setzen und die Kutterfock zum Setzen vorbereitet standby zu halten. Draußen vor dem Hafen würde ich dann schon noch mehr Platz zum Setzen der Kutterfock haben. Dachte ich.

Das war allerdings keine so gute Idee… Kaum aus dem Hafen ausgelaufen wurde sehr schnell klar, dass die Sache mit der Strömung ziemlich schwierig wird. Gleich beim ersten Versuch, das Segel am Mast hochzuziehen, gurgelte eine grüne Tonne mit fetter Bugwelle und Kollisionskurs auf uns zu. Also schnell zurück ins Cockpit, auf anderen Bug gehen und eine sicherere Stelle für mein Manöver suchen. Die gab es nur nicht. Der Wind blies inzwischen kräftig, überall schossen Boote herum, näherten sich Docks, Tonnen oder Molen mit atemberaubender Geschwindigkeit. Verdammt!!

Ich weiß nicht, wie oft ich zwischen Mast und Cockpit hin und her gesprungen bin, aber den letzten Kopfschlag zur Sicherung des Kutterfalls setzte ich, während über Funk die letzten 5 Sekunden des Countdowns für meinen Start abgezählt wurden.

Okay, schnell zurück ins Cockpit gesprungen und da war auch schon das Startsignal.

Jetzt nur die Nerven behalten und keinen Scheiß bauen!! Dieses Rennen wird nicht in der Startphase gewonnen. Also bloß erstmal sicher unter die Brücke hindurch.

Schwer genug.

Aus dem Augenwinkel sehe ich vor der Steinmole in Vindeby schon das erste Boot auf Schiet sitzen. Kurz hinter der Brücke steckt auf Bd-Seite der nächste Mitbewerber fest. Direkt hinter mir nickt ein moderner Racer auf der Stb-Seite des Fahrwassers nach Grundkontakt tief ein. Er kann sich aber selbst wieder mit backstehender Fock befreien. Weiter geht’s. Wende um Wende hangeln wir uns auf engstem Raum mit der ganzen Flotte durch das enge Fahrwasser. Der Wasserstand muss extrem niedrig sein. Also bloß einen dicken Sicherheitsabstand zu den Untiefen einhalten! Hinter Rantzausminde ist dann endlich mehr Platz und ich kann etwas durchatmen. Booaah, war das ein Stress! Jetzt endlich mal längere Schläge. Ich liege im hinteren Drittel des Feldes.

Egal, ich bin noch im Rennen und jetzt wird gesegelt. Der Wind reicht völlig für meine Besegelung und HavLys läuft super. Zumindest können wir gut mithalten.

Als später der Wind weiter zunimmt, holen wir immer weiter auf. Ein Boot nach dem anderem lassen wir hinter uns. Yeeehaa, das macht Spaß!

Mein Setting mit Kutterfock und Groß im 1. Reff bewährt sich hervorragend. Dazu der Windpilot, der bei gut getrimmtem Boot und der richtigen Einstellung immer zuverlässig an der Windkante steuert.

Der Wind nahm unterdessen weiter zu. 30 Knoten, 35 Knoten, gegen Mittag vor Lyø sind es dann schon bis 40 Knoten. Ich öffne das Groß ein wenig, Havlys und der Windpilot danken es mir. Nur noch wenige Boote aus meinem Start befinden sich noch in Sichtweite von mir. Soweit ich das erkennen kann geben sie vor Lyø auf. Um mich herum sind danach nur noch größere Boote aus dem folgenden Start zu sehen.

HavLys marschiert und kämpft sich unverdrossen voran. Also erstmal auf Backbordbug nach Südwesten raus in den kleinen Belt. Hier herrscht natürlich auch mehr Seegang. Aber wir kommen gut klar.

Dann Wende und auf Steuerbordbug an Helnæs vorbei. Das wird ein Anlieger bis Bågø. Wenn der Wind so bleibt und nichts schief geht.

Der Wind nimmt weiter zu. Kaum noch unter 40 Knoten. Oft 43, 44 Knoten. Wo soll das noch hinführen? Das Groß fahre ich schon meist ziemlich offen. Ich denke ans Reffen. Irgendwann gehe ich kurz unter Deck und kriege einen Schreck. Wasser im Schiff!

Wir sind ja schon seit längerem mit 30 bis 40 Grad Krängung nach StB festgenagelt und in dem Winkel zwischen dem Fußboden und der StB Koje im Salon schwappt eine beachtenswerte Wassermenge, befeuert durch die wilden Bocksprünge des Bootes, hin und her. Die tiefe Bilge ist auch fast voll. Wo zum Teufel kommt nur das ganze Wasser her?

Erstmal lenzen, dann Fehlersuche. Schnell noch ein Rundumblick draußen, alles okay – also wieder runter und weiter nach der Ursache für das Wasser suchen. Seeventile sind dicht. Rumpf-Deck-Verbindung scheint auch dicht zu sein. Alle Schränke und Stauräume an StB sind innen trocken. Das Wasser wirkt etwas schmierig und scheint von achtern zu kommen. Irgendwann wird mir klar, dass HavLys über die Schwalbennester im Cockpit Wasser nimmt. Durch den heftigen Seegang kommen manchmal wahre Wasserkaskaden über das Sprayhood ins Cockpit geschossen und laufen durch die dauerhafte Krängung auf der StB-Seite nicht mehr von der Sitzbank ab. Gleiches gilt für die Schwalbennester, die das eingedrungene Wasser nicht mehr los werden und zeitweise eher einem Aquarium glichen. Und der Stauraum der Schwalbennester hat an den hinteren Enden Ventilations-öffnungen runter zum Stauraum der Backskiste. Von dort läuft das Wasser also über die Maschinenraumbilge weiter in den Salon zum tiefsten Punkt des Bootes.

Alles klar, also nur eine lästige Begleiterscheinung und keine unmittelbare Gefahr. Dieses Detail wird vor dem Atlantik im nächsten Jahr noch abzuändern sein…

 

Jetzt aber erstmal weiter mit dem Race. Das Groß muss gerefft werden. Gesagt getan, wobei ich nach dem Reffvorgang feststellen musste, dass sich die Kopflatte während des Reffens offenbar durch das heftige Killen des Segels in die See verabschiedet hatte. Jetzt, wo das Segel wieder voll getrimmt stand, war da akustisch noch immer ein Helikopter im Rigg. So heftig killte der Segelkopf im Wind. So ein Sch…!

Also das Groß wieder runter. Ich habe schließlich keine Lust, mir auf die Dauer das Segel zu ruinieren. Und nun?

Mir fällt ein, dass ich noch ein weiteres Segel mit Segellatten an Bord habe. Vielleicht lässt sich ja da etwas improvisieren… Zur Not könnte man ja eine Latte einkürzen. Also Segel unten hervorgeholt und mit Latte und Edding hoch an Deck zum Großsegel. Bei ca. 40 Knoten Wind wohlgemerkt. Am Ende passt die Latte sogar ziemlich gut und das Groß geht gegen 15 Uhr im 2. Reff wieder hoch.

Yeah!! Wir sind gleich wieder einen halben Knoten schneller und können dank besserer Balance auch wieder gut die nötige Höhe zum Wind halten!

 

Später, als ich gerade mal wieder unter Deck Wasser schöpfe, ändert sich plötzlich die Tonlage im Rigg hin zu einem schrillen Pfeifen und Havlys legt sich nochmal deutlich tiefer auf die Seite. Als ich mich unter Deck gefangen habe und den Kopf aus dem Niedergang stecken kann, sehe ich nur noch waagerecht fliegendes Wasser. Der Windmesser zeigt in diesem Moment 48 Knoten an. Andere Skipper in meiner Nähe werden später von 50 und 52 Knoten sprechen.

Zum Glück steuert der Windpilot auch diese Böe aus und draußen besteht keine besondere Gefahr. Schon klasse, wie das Boot das alles wegsteckt, denke ich.

 

Die weitere Strecke an Bagø vorbei bis in den engen Teil des kleinen Belt verläuft ohne weitere Überraschungen.

Dort erwarten mich bei Einbruch der Dunkelheit 4-5 Knoten Gegenstrom und deutlich schwächere Winde. Ich habe lt. Tracker einen guten Vorsprung vor einigen Verfolgern aus meinem Start und freue mich darüber. Ich reffe das Groß voll aus und suche die Nährströme, um möglichst gut durchzukommen. Letzteres klappt auch einigermaßen gut, wobei mehrfach die Fahrwasserseite zu wechseln, also der Hauptstrom zu queren ist und dabei jedesmal die Fahrt über Grund gegen null tendiert. Die Straßenbrücke nehme ich dabei auf der Westseite des Belt sogar dreimal. Erst vorwärts, dann mit ca. 4,5 – 5 Knoten FdW langsam wieder rückwärts zwischen die mit bedrohlicher Bugwelle durchs Wasser fahrenden Betonpfeiler eingeparkt, dann wieder mit 5,5 – 6 Knoten FdW endlich durch und langsam auf die Ostseite bis in den dortigen Nährstrom gebissen. Hammer!!

 

Vor dem Ausgang des kleinen Belt stellt sich nun die Gretchenfrage nach der richtigen Segelfläche für die Nachtfahrt im Norden Fünens. Der Wind hat zwar augenscheinlich nachgelassen aber Windfinder und Windy versprechen für die Nacht weiter kräftige Winde aus West. Nach den Erfahrungen des Tages gehe ich auf Nummer sicher und entschließe mich für das 2. Reff im Groß. Dafür suche ich mir eine scheinbar ruhige Ecke vor den Werftdocks von Fredericia. Keine gute Entscheidung! Ich habe gerade das Boot in den Wind gebracht und das Großfall gelöst, als der Fall des Segels schon wieder gebremst wird, weil der Wind plötzlich seitlich einfällt. Also wieder anluven und das selbe Spiel von vorn. Natürlich alles ohne Motor… Verdammt, was ist denn los? Dauernd steht Havlys wieder quer zum Wind und ich kriege mein Reffmanöver nicht über die Bühne. Allmählich dämmert es mir, dass wir dort in Stromkreisen förmlich Karussell fahren. Irgendwann drifte ich sogar noch auf eine Mole zu und es wird langsam gefährlich. Also erstmal nur unter Vorsegel wieder zur Mitte in den Hauptstrom hangeln, der mich aber wieder Richtung Süden versetzt. Egal, ich muss endlich mein Reffmanöver beenden. Danach endlich raus auf die offene See. Inzwischen sitzen mir aber mehrere Verfolger im Nacken. Mein Vorsprung vor „Holstenkrabbe“ ist weitgehend dahin. Mist! Außerdem ist der Wind nicht so stark, wie erwartet. Wir machen zwar einigermaßen gute Fahrt, aber nicht genug, um konkurrenzfähig zu sein. Offenbar hat die Konkurrenz deutlich mehr Segelfläche stehen lassen. Hinter Æbelø liegt „Holstenkrabbe“ gemeinsam mit anderen Booten schon mit großem Abstand vor mir und ich habe einen dicken Hals… Nach verschiedenen Experimenten hole ich endlich die Kutterfock herunter und aktiviere meine Furling-Genua über die Spischoten und baume sie aus. Das funktioniert immerhin so gut, dass ich jetzt lt. Tracker an der kleinen Flottille vor mir dran bleibe. So geht das bis Fynshoved, wo mich die Müdigkeit endgültig im Griff hat und ich meinen „toten Punkt“ habe. Die Boote vor mir nehmen nach der Einfahrt in den großen Belt den kürzesten Weg und halten sich dicht unter Land. Das ist meine Chance!

Ich halte weiter Kurs Richtung Osten und steuere die Strommitte an. Dieser Umweg soll mein Vorteil sein, weil ich so von dem dort deutlich stärkeren nach Süden setzenden Strom profitiere. Den Spibaum kann ich bald wegnehmen und es geht unter Genua und  Groß im ersten Reff nach Süden. Inwischen ist auch meine Müdigkeit überwunden und ich mache mir erstmal einen Kaffee. Tolle Stimmung hier draußen, nur saukalt!

 

Im Morgengrauen taucht dann die Große Belt Brücke vor uns auf. Ich reffe das Groß vollends aus und baue nun endgültig das Kutterstag nebst Kutterfock zurück. Weit im Westen vor der Küste sehe ich einige Boote an StB voraus, kann das aber nicht genau verfizieren, weil die Trackeranzeige auf dem Smartphone seit einiger Zeit streikt. Egal, ich segel einfach so schnell wie es nur geht und dann wird sich schon irgendwann zeigen, wo wir stehen…

Die Boote im Westen von mir gehen vor mir westlich durch die Brücke. Ich halte mich weiter schön im westlichen Teil des Hauptstroms, komme gut durch die Hauptdurchfahrt des westlichen Teils und halte mich danach weiter gut frei von Fünens Küste. Das zahlt sich aus, wie bald gut zu sehen ist. Ich hole weiter auf und auf der Höhe von Lohals bin ich wieder an „Holstenkrabbe“ dran. Der Kollege hatte inzwischen auch gemerkt was los ist und fing an, um jeden Meter Vorsprung zu kämpfen. Allmählich war ein Kopf an Kopf Rennen daraus geworden, das sich aber hinzog. Aufholen war die eine Sache, Vorbeiziehen wollte aber auf dem leichten, geschrickten Amwind-Kurs nicht so recht klappen. Ich war inzwischen hellwach und unter maximaler Konzentration. Wir beide überholten während unseres privaten Rennens noch andere Boote. So zog sich die Sache hin bis zur Untiefentonne südlich von Thurø.

Dort hatte ich mich rechtzeitig in eine Luvposition gebracht, sodass ich an dem Punkt, an dem wir die Untiefe soweit passiert hatten, um auf Backbordbug maximal hoch an den Wind zu gehen, aus dieser Position Kapital schlagen konnte. Es zeigte sich, dass ich auf diese Weise mit gleichem Speed mehr Höhe als „Holstenkrabbe“ laufen konnte. Mein Mitbewerber merkte schnell, dass ihm das so nichts bringt und wendete auf Steuerbordbug Richtung Thurø. Ich wendete ebenfalls und blieb so weiter in Luv von ihm, was ihn offenbar frustrierte und wenig später zu einer weiteren Wende veranlasste. Das war ein Fehler.

Ich konnte so ungestört weiter auf Thurø zulaufen und dabei bereits von dem westwärts in den Sund hineinsetzenden Strom profitieren. Nach der nächsten Wende war klar, dass ich fast einen Anlieger in das Sundfahrwasser hinein hatte und jetzt galt es nur noch, meinen erneuten Vorsprung vor „Holstenkrabbe“ zu verteidigen.

Das gelang am Ende auch und HavLys überfuhr schließlich nach 27 Stunden, 4 Minuten und 49 Sekunden mit einem Vorsprung von 2 Minuten und 16 Sekunden vor „Holstenkrabbe“ die Ziellinie.

Nicht nur an der Ziellinie, nein auch schon während der Fahrt durch den Sund kam von anderen Booten und zum Teil auch von Passanten am Ufer lauter Beifall für uns „Finisher“ dieses besonderen Rennens. Whow, was für ein klasse Gefühl!!!

 

Von den insgesamt 28 Booten (Raceboote und Tourenboote), die bei dem Wetter tatsächlich am Vortag um 08:45 Uhr  zusammen mit mir über die Startlinie gegangen waren, sind am Ende innerhalb der vorgegebenen Zeit nur 7 im Ziel angekommen. Ein achtes Boot traf fünfeinhalb Stunden nach uns ein. Wir waren dabei in der Wertung ohne Handicap fünfter und unter den Tourenbooten (Keelboats small 1) sogar erster.

Zwei der Boote aus diesem Start haben unterwegs ihren Mast eingebüßt.

Auch in den anderen Startgruppen gab es reichlich Havarien.

 

Müde aber glücklich ging es danach in den Hafen, wo den weiteren Tag über sämtliche Finisher, die sich begegneten, einander herzlich gratulierten.

 

Was bleibt, ist die Gewissheit, bei einem harten aber auch fantastischen Segel-Event dabei gewesen zu sein.

Meine HavLys hat sich toll bewährt und wir beide haben uns als Team gut geschlagen, sind weiter zusammengewachsen. Eine letzte Schwachstelle in den Schwalbennestern für künftige langdauernde Sturmfahrten ist erkannt und kann nun beseitigt werden.

Ich werde diese Zeit in Svendborg sicher nicht vergessen. Ich habe tolle Typen kennengelernt, eine besondere und intensive Gemeinschaft auf Zeit miterlebt und ja, sogar neue Freundschaften geschlossen.

 

Thanks SILVERRUDDER!!!!

 

 

 

 

 

One Comment on “Havlys in schwerer See rund Fünen

  1. Lieber Ralf, toll: Bericht , Tour und Deine Praesenz. Grosser Respekt!!! Hab richtig mitgefiebert

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